Wie sehen in Zukunft Konferenzen aus? Wir haben Vorschläge.
Letzte Aktualisierung: 27.03.2023
Hintergründe
- Konferenzen der Zukunft: Klimaneutralität und Nachhaltigkeit
- Konferenzen der Zukunft: Die Rolle des Menschen, die Rolle der Maschine
- Konferenzen der Zukunft: Verantwortung
- Konferenzen der Zukunft: Die Grundlage Kommunikation
Mitte 2022 war für uns das große Thema bei Events und Konferenzen nicht mehr „Corona und Digital“ sondern „Energie und Nachhaltigkeit“.
Wir haben uns vermehrt die Frage gestellt: sind digitale Events auch ohne Corona die notwendige Zukunft? Gleichzeitig waren wir uns sicher, der Austausch von Mensch zu Mensch und von Angesicht zu Angesicht ist wichtig und essenziell, beim Austausch von Bildschirm zu Bildschirm geht viel Wichtiges und Gutes verloren.
Dürfen in Zukunft nur noch klimaneutrale Events stattfinden? Da wird es viele Ausnahmen geben. Der kommende G7-Gipfel 2023 findet in Hiroshima statt. Wie viel CO2 wird hierfür verbraucht? Wie viele unserer herkömmlichen Konferenzen auf Bundes- oder Landesebene könnten hierfür durchgeführt werden? (Ein Ergebnis steht noch aus, wir bleiben dran.)
Gemeinsam mit der Berliner Kommunikationsagentur Berlin Realities GmbH entwickeln wir für uns, unsere Partner*innen und unsere Kunden ein Whitepaper zu den Eckpunkten „Konferenzen der Zukunft“.
In einem interdisziplinären Team aus Techniker*innen, Zukunftsforschenden, Dolmetschenden und Mitwirkende in Verbänden und Politik erarbeiten wir in Interviews, mit Artikeln und Umfragen eine Übersicht, die einen einfachen und praktischen Leitfaden für nachhaltige, gerechte und sinnstiftende Veranstaltungen bieten soll.
Wir haben mit der Idee im Januar 2023 begonnen und sammeln aktuell Unterlagen und führen Interviews. Wir laden Sie herzlich ein, an unserer Arbeit teilzuhaben und mitzumachen.
Arbeiten Sie an einem unserer Themen oder dessen Randgebieten?
Vorab: Grundsätzliche Betrachtungen
1. Viel weniger Müll, dafür Kreislaufwirtschaft
Wir haben leicht reden, denn unser Geschäft war noch nie das Großevent oder der Messebau. Klar ist: Sonderbauten für 3 Tage, die am letzten Messetag in den Müll wandern, werden es schwer haben, Plastik-Give-Aways, die nach 7 Tagen kaputt gehen, aber auch. Essen für 300 Gäste vorbereiten und es kommen nur 50 vorbei. Je weniger wir bei jedem Event wegschmeißen desto besser. Wir recherchieren und finden am 19. Januar 2023 beim Event-Partner den passenden Artikel. Vielen Dank!
2. Klimaneutrale Events
Seit vielen Jahren arbeiten wir für barrierefreie Events und sind mit diesem Begriff immer ein wenig unglücklich. Auch wenn wir uns um möglichst niedrige Barrieren bemühen, so ganz barrierefrei wird es wohl nie. Ähnlich verhält es sich unserer Einschätzung nach mit der Forderung nach Klimaneutralität. Das ist heute so schwer und abstrakt, dass viele in unserer Branche erst gar nicht anfangen. Obacht: es ist nicht schwer, relativ genau den CO2-Wert einer Veranstaltung zu bemessen, aber wie groß sind denn die CO2-Abdrücke unsere Gäste? Ist noch Platz für eine schöne Abendveranstaltung mit Show-Programm oder sollten wir darauf verzichten? Auch hier haben wir eine gute, belastbare Quelle gefunden.
Wir sind beruhigt. Das Wort „klimaneutral“ kommt in dem Leitfaden mit 88 Seiten insgesamt 68-mal vor, das Wort „klimafreundlich“ dafür 130-mal. Gut! Es gibt einen Stufenplan „Klimafreundliche Veranstaltungen“. Ein grober Richtwert: Versuchen Sie doch Ihr Event mit einer verringerten CO2-Emission von mindestens 60 % zu realisieren. Damit das gelingt, sollten Sie ein Klimaschutzkonzept für Ihre klimafreundliche Veranstaltung erstellen. Das ist ein guter Anfang. Sie werden auf Detailfragen stoßen, die die GRÜNE LIGA Berlin e.V. in ihrem Handlungsleifaden aber sicher beantworten kann
3. Videokonferenz oder Treffen vor Ort?
Wir haben bereits 2021 die CO2-Emissionen von Videokonferenzen geprüft und sind dabei auf die umfassende Studie von Jens Clausen und Stefanie Schramm vom Borderstep Institut aufmerksam geworden.
Hier wird auch gut der Rebound-Effekt untersucht. Bei Videokonferenzen ist die Frage: Zehren wir die Energie-Einsparung durch weniger Live-Treffen durch ein besonderes erhöhtes Aufkommen von digitalen Konferenzen wieder auf. Der Stromverbrauch für Server, hohe Bild- und Tonqualität nimmt ständig zu, und dennoch kommt die Studie zum Schluss, dass selbst trotz enormer Zunahme an digitalen Konferenzen die Energie-Einsparung weiterhin gegeben ist.
Wann sollten wir uns vor Ort treffen?
Unser Kommunikationsberater Steffen Höllein hat eine kurze Antwort: Immer dann, wenn es um emotionale und bewegende oder um komplexe Themen geht, treffen Sie sich besser persönlich. Für ihn erfordern hybride Meetings eine besondere Aufmerksamkeit und Qualifikation bei Moderation und Leitung. Schnell entstehen bei hybride Events Zweiklassengesellschaften. Entweder sind die Teilnehmenden vor Ort oder eben zu Hause im Vorteil. Dennoch: auch für ihn sind hybride Lösungen die Zukunft. Der professionelle Umgang mit Kamera, Licht und Ton und eine förderliche Redekultur werden üblicher. Immer mehr Teilnehmende machen vor, welches Können und Verhalten eine Remote-Teilnahme erfordert. Übung macht den Meister.
4. KI, Menschen und Daten
Tech guru Jaron Lanier: ‘The danger isn’t that AI destroys us. It’s that it drives us insane’
Was kann die KI?
Anfang 2023 hat die Fähigkeit von ChatGPT 3 doch fast alle überrascht. Im Austausch mit KI-Spezialisten haben wir gelernt. Das, was aktuell passiert, ist keine besondere Entwicklung der KI selbst, sondern dass die Technologien aktuell verknüpft und von jedermensch gut bedient werden können. Ersetzt nun die KI die Dolmetschenden? Wir beobachten die Ankündigungen von Microsoft und KUDO. Unsere Prognose: es kann nur eine Frage von eher kurzer Zeit sein, bis Speech-to-Text, automatisierte Übersetzung und Text-to-Speech so gut uns schnell verknüpft werden, dass eine solche automatische Simultanverdolmetschungen eine für viele Bereiche hinreichende Qualität erreicht. Parallel und viel schneller wird es wohl üblich, dass übersetzte Live-Untertitelung in vielen Anwendungen ein Standard wird. In vielen Fällen, bei den vor allem aus Kostengründen eine Live-Verdolmetschung nicht möglich war, warten wir auf vermehrte Einsätze der KI.
Was kann der Mensch?
Fühlen und denken. Vergessen Sie nicht: die sogenannte Künstliche Intelligenz hat wenig mit Denken und Verantwortung zu tun. Vielleicht überwachen Dolmetschende in naher Zukunft die automatischen Systeme oder arbeiten vor allem dort ganz autark, wo wir den automatischen Entscheidungen nicht vertrauen und Daten nicht teilen wollen. Gut beraten sind wir sicherlich alle, das zu nutzen und zu kultivieren, was einen menschlichen Teilnehmenden an einen Event ausmacht. Mensch zu sein, mit seiner Präsenz, Höflichkeit, Gastfreundschaft und Verantwortungsübernahme.
Ach so: Daten!
Sammel, sammel, sammel. KI geht nicht ohne Datenmengen, und diese fließen heute noch meist in unbestimmbare Kanäle auf der ganzen Welt. Wir schätzen schon seit langem die europäische Gesetzgebung und die DSGVO. Ja, das ist für Veranstalter und Verantwortliche nicht immer leicht, aber für sie selbst und die Teilnehmenden dafür essenziell und wichtig. Wir gehen davon aus, dass Tracking, Datenschnüffeln und Ausspähen von Nutzer*innen von Seiten der europäischen Politik noch weiter erschwert werden und begrüßen das sehr.
5. Barrierearm und divers
Schön, dass Sie da sind. Inklusion und Vielfalt werden selbstverständlich. Für Veranstaltung sind vor allem die räumliche, die sprachlich-kommunikative und die technische Barrierefreiheit wichtig. Aktion Mensch hat eine Checkliste, die einen ersten Einstieg bietet. Die technische Barrierefreiheit ist am einfachsten, vielleicht auch nur, weil wir uns seit vielen Jahren damit beschäftigen.
Diversität und Vielfalt hat mehr als mit Unisex-Toiletten zu tun. In USA entbricht ein Streit um die woke Gesellschaft. Woke scheint dabei alles zu sein, was tolerant ist, nicht hetzt, nicht diskriminiert, sich dafür engagiert und politisch wach ist. Also, yes: stay woke – auch bei Events und Kongressen. So mancher Fauxpas von gestern steckt im Detail. Wir sind jedenfalls sehr froh, dass Rednerpulte heute Redepulte heißen, und dass nicht nur Sprache bewusst und behutsam gewählt wird.
6. Wir können nicht auf die Kernfusion warten
Viele Forscher und Wissenschaftler hoffen, dass uns bald die perfekte Energie-Quelle zur Verfügung steht. Die Sonne auf der Erde, der Kernfusionsreaktor. Ursprünglich sollte ein Meilenstein, der Versuchs-Kernfusionsreaktor „ITER“, seinen Betrieb 2016 aufnehmen; bis vor kurzem hieß es 2025, aktuell hält man 2028 für realistischer. Wir denken, es ist richtig und wichtig, Klimaneutralität anzustreben, die auch funktioniert, wenn diese Innovation auch langfristig nur eine Vision bleibt.
Modell: ITER-Fusionsreaktor. Tokamak. Thermonukleares Versuchskraftwerk.
https://de.wikipedia.org/wiki/ITER
7. Machen Sie mit!
Welche Fragen interessieren Sie? Was sollen wir bedenken? Wir stehen mit vielen Verbänden und Institutionen in Kontakt und geben gerne weiter, was wir selbst nicht beantworten können. Nicht auf jede Frage gibt es eine gute Antwort, und nicht jede Antwort ist eine, die wir gerne hören wollen. Denken und diskutieren Sie gerne mit bei unserer Frage: Wie sehen in Zukunft Konferenzen aus?